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Gotland, Fundlagen, Tierkopffibeln

Im Frühjahr 2017 habe ich meine Recherchen und die Arbeit an meinem sechsten Buch "Die Frauentracht auf Gotland zur Wikingerzeit" vollendet. (1)

Es geht jedoch (mir, wie zu oft) wieder um Tierkopffibeln, die wie Ovalspangen getragen werden. Daher heute (19.04.2022) eine kleine überarbeitete Lektüre über die Trageweise der Tierkopffibeln, denn diese sind neben der Dosenfibel, Gerätefibeln (2) und den Trachtnadeln die markantesten Merkmale der Tracht der Gotländerinnen.

Auf Gotland gibt es keine festländischen Ovalspangen (A.k.a Schalenfibel).
In den Gräbern von Gotland wurden etwa 1750Tierkopffibeln gefunden, davon etwa 350 lose Bodenplatten. Ihren Ursprung finden diese in der Vendelzeit. Sie wurden einzeln, paarig, zu dritt oder gar zu viert angetroffen. Die Dritt- bzw. Viertfibel weicht in der Regel vom Typus der paarigen Fibeln ab. Wobei dies auch bei zwei Tkfn vorkommen kann.

Die TKF wurden NIE paarig auf der Brust getragen. Egal - auch wenn ein Händler dazu sagt:
die Fibeln haben sich verlagert.
Die Fundlage spricht dagegen.

Die Funddokumentationen, z.B. aus Birka, zeigen, dass die Fundlage auf dem Festland anders ist.
30 paarig angetroffene TKFn in ungestörten Bestattungen, beiderseits der Brust, nicht auf dem Brustkorb können sich nicht „wie abgesprochen“ verlagert haben.
Auch 13 andere angetroffene Positionen sind vertreten, jedoch keine „paarig auf der Brust“.

Eher könnte es sein, das die festländischen Skandinavier nur um zu protzen die Ovalspangen auf der Brust bei der Bestattung platziert haben und nur die Gotländerinnen ihrer Mode über den Tod hinaus treu waren.

Die Schnauze (schmale Seite) der beiderseits des Körpers angetroffenen TKF zeigt immer nach vorne.

Wieso wurden die TKFn so getragen?
Zwar gibt es keine aussagekräftigen textilen Funde hierzu, vorstellbar ist vom festländischen Schürzenkleid abweichend ein „peplos-artiges Gewand“ (nach LTN WKZ III:2).
Auf dieser Annahme basierend wurde dieser „Peplos“ an den Schultern vernäht, oder mit zwei Trachtnadeln (bzw. weitere Kombinationen, auch mit Schlaufen) an den Schultern beidseitig verschlossen.

Da es keine textilen Nachweise gibt, ist hier viel Interpretationsspielraum gegeben.

Zur Konstruktion ist festzustellen, dass nur 1,5% der TKFn doppelschalig sind. Die TKF wurden teilweise paarweise produziert. Die Nadelrastöffnungen zeigen bei diesen Stücken in verschiedene Richtungen. Auch der Nadelhalter kann dezentral platziert sein und dies ermöglicht ein waagerechtes tragen der TKFn.

Einzelne Tierkopffibeln

Darstellung der Trageweise einzelner Tierkopffibeln

Trageweise Tierkopffibeln

Einzelne Tierkopffibeln

Für einzelne Tkfn gibt es mehrere Verwendungen, so auch in der Kombination mit einer anderen Fibel oder Trachtnadel.
Einzelne Tierkopffibeln im Halsbereich können ein Schultertuch oder einen Umhang verschlossen haben - und das in zahlreichen Positionen.

In Kombination mit einer Trachtnadel, beide im Schulterbereich, kann die Trachtnadel eine zweite Tierkopffibel ersetzt haben.

Eine dritte TKF kann auch eine zweite Trachtnadel ersetzen.

Es bleibt anzumerken, dass L. Thunmark-Nylen für einzelne Trachtnalden die Nutzung einer weiteren Trachtnadel aus Holz u.a. vorschlägt. Sie verweist dabei auf ein paar Schalenfibeln aus Öland, Lilla Smedeby (SHM 21750). Hier ist eine Nadel aus Eisen, die andere des Schalenspangenpaares aus Holz. (III:2:45:13)
Erstellt: 2018
Akutalisiert: 19.04.2022

Beispiele aus dem SHM

Eine Tierkopffibel in Ladoga

Zeichnung einer Tierkopffibel

gotländische Tierkopffibel aus Ladoga

(Quelle. Duzko, W.: Viking Rus: Studies on the Presence of Scandinavians in Eastern Europe, Fg. 10:2)

In der Schicht D, dendochronologisch datiert 930-960 n. Chr., wurde eine Tierkopffibel entdeckt.
(Quelle. Duzko, W.: Viking Rus: Studies on the Presence of Scandinavians in Eastern Europe)

Weitere Beispiele siehe » hier.

Literatur


Hauptwerk hierzu ist LTN WKZ III:2 Kap. 45, Tracht (Lena Thunmark-Nylen, Die Wikingerzeit Gotlands).

Fußnoten

1) Eine Grundlage für meine weiteren Arbeiten ist "» hier [105 KB] "
2) An den Nadeln der Gerätefibeln finden sich teilweise Schlaufen. LTN schlägt vor, das diese Schlaufen am Gewand befestigt waren und daher die Nadeln der GF nicht immer das Gewand beschädigten, sondern die GF immer einen festen Platz hatten. Mir steht die Primärliteratur derzeit nicht zur Verfügung, ich hätte gerne Beispiele gegeben.


@ Torben Barthelmie, 2003 - 2024