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Einleitung

Wieso?
Nun ich wohne etwa 1 ½ Jahre (Stand 08.2024) in Sachsen-Anhalt, daher dachte ich „wieso nicht mit der regionalern Geschichte auseinandersetzen.
Wie immer „Fakten“, soweit ich diese recherchieren kann.
In (derzeit) Ermangelung spezieller regionaler Veröffentlichungen greife ich auf die Arbeit von Heinrich Rempel „ Reihengräberfriedhöfe des 8. - 10. Jahrhunderts aus Sachsen Anhalt, Sachsen und Thüringen (Teil I)“ zurück. Die Arbeit ist aus dem Jahr 1966, bietet aber überregional m.E. doch eine sehr gute Grundlage über Funde und Fundumstände, und einzelne Quellen aufzutun ist, bisweilen, für mich als Laien: schwierig bis unmöglich, aber die Recherche geht weiter.
Die Bestandsaufnahme der o.g. Veröffentlichung beginnt mit der spätmerowingischen Zeit und schließt mit dem Ende der Beigabensitte, für slawische Bestattungen daher um etwa 1.100 n. Chr.
Ich werde im folgenden oft zitieren wobei ich auf die Angabe der Seitenzahl zu Gunsten der Leserlichkeit verzichte, meine Anmerkungen und Gedanken dazu bringe ich selten in Form von Fußnoten an, nun aber beginnend, aber nun einmal kurz gefasst:

Über die Bestattungen

„Die Begräbnisplätze sind fast ausschließlich Friedhöfe mit Körperflachgräbern, denen auch die in künstlichen (älteren) Hügeln bisweilen vorkommenden Bestattungen zuzurechnen sind. … Rund 2000 Gräber liegen im einzelnen vor, etwa 700 lassen sich erschließen, die Zahl der nach der Menge der Beigaben geschätzten mag bei 500 liegen.“

„Die Gräber sind mit dem Kopf west-östlich ausgerichtet, bis auf sehr wenige Ausnahmen gestreckt auf dem Rücken, den Kopf etwas nach links oder rechts geneigt, die Arme liegen dicht am Körper.“

„Die Abweichung von der Ausrichtungist allerdings im Zusammenhang mit dem Bestattungsplatz selbst zu sehen, bevorzugt waren Hügel und Anhöhen.

Die Bestattungen waren in mehr oder weniger ordentlichen Reihen angelegt.“ H. Rempel spricht von „Schädel auf Schädelhöhe“, was ihm zu folge eine vergängliche oberirdische Markierung vermuten lässt.Eine soziale Gliederung gemessen an den Beigaben ist nicht erkennbar.

Als allgemeine Information: die Bestattungstiefe nach heutigem Standard lag bei etwa einem Meter und die Grabbauten können unterschieden werden ineinfache Grabgruben,Grabgruben mit Holz, Stein oder Holz und Stein.
Die seltenen Fälle, dass Beschwerung des Schädels durch Steine H. Rempel nicht zu wilden Fantasien veranlasst haben finde ich: toll.

Ob es sich um Grabbauten mit Holz oder Stein handelte ist nicht von den örtlichen Resourcen abhängig, sondern die Form scheint von „persönlichen Neigungen oder Überzeugungen abhängig zu sein“. Ein Muster für sozialen Stand, Alter oder andere Gründe ist hier nicht erkennbar.

Üblich sind auch „Hügelnachbestattungen“. Diese finden sich in Grabhügeln, die in der Bronzezeit bereits genutzt wurden. Die Hügel sind teilweise künstlich errichtet worden und in den folgenden Jahrhunderten weiter genutzt, wobei ältere Bestattungen gestört wurden.

Exkurs I: Mehrfach- und Doppelbestattungen
Anzutreffen sind mehrere Mehrfachbestattungen, es handelt sich hierbei um Frauen mit einem Kind.

Anmerkung, wenn sich ältere und jüngere Bestattungen überschneiden ist dies keine Doppel-, sondern eine Nachbestattung.
Exkurs II: Bestattungen von Pferd und Hund
Diese sind sehr selten, im Gegensatz zu der Häufigkeit in Niedersachsen.
Regional wurde das Tier mit der Person in einem Grab beigesetzt oder in unmittelbarer Nähe, in seltenen Fällen fand sich das Tier alleine.
Im Raum Skandinavien und westlichem Deutschland fanden sich i.d.R. Waffen mit als Beigabe, im Arbeitsgebiet nicht. Waffen als Beigabe sind hier eine Seltenheit. Meine Theorie ist, das Pferde für den Alltag wichtiger waren, ebenso wie die Waffen. Es wurde übrigens nur ein bestatteter Hund angetroffen (Gabendorf).

Exkurs III: Brandbestattungen
Diese sind die Ausnahme und begründen damit die Frage „Wieso?“ Eine meiner Spekulationen ist, dass jemand auf Reisen gestorben ist und die Rückreise so lang war, dass man den vergehenden Kadaver nicht transportieren konnte, aber Asche und Knochen schon.

Die Funde

Schwerter

Es gibt elf zweischneidige Schwerter mit einer Länge von ca. 90 cm und eine Klingenbreite von 4,5 bis 6 cm, nach J. Petersonlassen diese sich in das 6. bis 7. Jh. datieren, die vereinzelten Waffenbeigaben wie Axt, Sax und Speer weichen lt. H. Rempel von dieser Datierung nicht ab.

Vorwort: Weitere Beigaben

Weitere Beigaben
Beigaben sind selten, daher hier exemplarisch genannt:Scheren, (so in Kriebitsch (224), teilweise erhalten, wohl eine heute so genannte Schafschere)Sicheln, 7 Ex.,Feuerstähle, 2x Exemplare, geläufig vom 6. bis 11. Jh.,Pinzetten, 2 Ex., BronzeSchlüssel, 1 Ex.,Sporen, 20 Ex.,Steigbübel, 3 Ex.,Holzeimer, 15 (etwa, die Angaben sind nicht klar), mit Eisenenbeschlägen, zylindrisch nach oben zulaufend,Kämme, 2 Ex.,Schnallen; hier führt H. Rempel den Bestattungsplatz Quedlingburg (Bockshornschanze) an. Gewöhnlich sind hier D-Förmige Schnallen und ihre Varianten aus Eisen, seltene Exemplare sind aus Bronze. In diesem Zusammenhang ist eineRiemenzunge aus Barleben zu nennen. Die Schnalle und die Sporen dieser Bestattung sind (erstaunlicherweise) im selben Muster verziert.Halsringe, aus ein bis drei vierkantigen Stäben aus Bronze oder Silber in 1-3 mm Stärke verdreht, wobei der Verschluss aus zwei S- oder einem s- und ösenförmigen Ende besteht. Amringe; einen gibt es bei einer „jugendlichen Person…am rechten Arm“ (Fundstück verschollen), sowie es einen Fund aus Silber, Erfurt-Neuschmidtstedt. Die Technik hier entspricht jedoch „den germanischen Halsringen mit birnenförmigen Verschluss des 4. Jh.“„bemerkt sei noch, dass Kopfleisch in Ketten u. a. die Gräber dreier Kinder ausgegraben hat, die an den Oberarmen S-Rinte von 5-6 cm Durchmesser hatten“.Der Spitzenreiter der Beigaben sind „Schläfenringe“. Es sind „über 120 Fundstellen“ und es „liegen etwa 700 Stück vor“. H. Rempel unterscheidet zwischen Ohr- und Schläfenringen,

Schläfenringe

„Der Durchmesser der Ringe bewegt sich zwischen 0,8 und 7 cm (Abb. 5), die Drahtstärke zwischen 3/4 und 4 mm. Am häufigsten vertreten sind kleine Ringe von 1,3 bis 2 cm Durchmesser, es folgt die Gruppe der über 4 ½ cm großen Ringe, während mittelgroße Stücke verhältnismäßig selten sind. Die Ringstärke nimmt mit dem Durchmesser nicht entsprechend zu, denn auch die größten Exemplare messen nur etwa 2—3 ½ mm, die kleinen 1—2 mm.
Mit wenigen Ausnahmen sind auch kleine Ringe von 3— ½ mm Stärke vertreten.

Die Ringe sind meist aus Bronzedraht hergestellt, manchmal auch aus einer Silberlegierung.
Daneben kommt bei einigen Stücken wohl auch zinnreiche Bronze (Weißmetall) in Frage.
Genauere Untersuchungen über den Metallgehalt der Schläfenringe liegen für unser Gebiet nicht vor.“

…“Der Drahtquerschnitt ist rund, ausnahmsweise oft länglich-oval. Beide Ringenden kommen sich stets sehr nahe. Während das eine Ende der Ringe stets glatt ist, kann das andere in verschiedener Weise ausgebildet sein. Es gibt da die S-förmige Schleife mit ihren Abwandlungen und das ösenartige Ende, das nur vereinzelt vorkommt. Die vorherrschende Form ist die einfache Schleife. Der Draht ist an dieser Stelle breit gehämmert und nach außen gebogen, das…“

Wer sich wirklich dafür interessiert, bitte lest den Originaltext den ich zur Verfügung stellen kann. Die Studie der Schläfenringe ist umfassend.

Fingerringe

Fingerringe
Diese gibt es in zwei Formen, „eine band und – und stabförmige (Abb. 112). Die Ringe sind aus Bronze oder Silber, sie sind immer offen, d.h. in der Größe verstellbar.

Zur Verbreitung ist anzumerken, dass bandförmige Fingerringe nicht in Sachsen anzutreffen sind. Zu der Zeitstellung gibt es keine Aussage, H. Rempel merkt an, dass Ringe der bandförmigen Art im 10. und 11. Jh. in Hortfunden in Skandinavien gefunden wurden.

slawischer Fingerringe

Fußringe

Der Ring aus Tannroda, Böttlborn Grab 5 (155 im Fundverzeichnis hier) wird als „Zehenring“ bezeichnet.

Glasringe

Es werde fünf Funde genannt, die Ringe sind grün opak und verkrustet, H. Rempel fragt, ob sie vielleicht „bemalt“ waren. „Der Durchmesser liegt zwischen 2 und 2,3 cm.“ Die Fundlage der Ringe ist nicht bekannt.

Münzen

„… sind als Grabbeigaben selten.“ , wenn es diese Grabbeigabe gab, ist H. Rempel zu dem Schluß gekommen, das diese sich im Mund oder in der Hand befanden.

Gewebereste

„Ein Streifen (Leder)war mit 5 kleinen S'ringen besteckt (Taf. 46, 10-15).“
Die textilen Abdrücke und Reste in Leinwandbindung sind zu fragmentarisch, daher m.E. nicht erwähnenswert.

Weitere Beigaben

Hierzu zählen … „Kleintiere, Eier, Seeigel u. a.“ … „Im Anschluss an die oben beschriebenen Pferde- und Hundebestattungen ist noch auf eine andere Art von Beigaben tierischen Charakters hinzuweisen. Zweifelhaft ist, ob wir es hier mit Opfergaben oder Speisebeigaben zu tun haben.

In verschiedenen Gräbern, z. B. Camburg, Amtsgericht (185), Dreitzsch (203), Berka v. d. H. (111), Bodelwitz (202) wurden Vogelknochen neben den Toten gefunden, in Camburg (185) und Dreitzsch (203) Grab 10 sogar ganze Tiere (am Schädel). Sonst handelt es sich meistens um Knochen von Säugetieren, wenn nicht überhaupt nur von "Tierknochen" die Rede ist wie in Darnstedt (95), Dehlitz-Treben (88), Obermöllern (65), Rohrborn (134), Trebnitz ( 40), Zöllnitz (200). In Dieskau (75), Grab 2, lag auf der rechten Brustseite eines Toten ein Eberzahn, in Bodelwitz (202) Grab 5 ein Tierzahn.

Die Mitgabe von Eiern wurde auf sechs Friedhöfen beobachtet. Sicher ist dieser Brauch viel öfter geübt worden, als es den Anschein hat. Denn so unscheinbare Dinge wie Eierschalen können leicht übersehen werden. Meist werden diese in der Hand des Toten gefunden. …

Schließlich sei noch der fossilen Seeigel gedacht, die - wenn auch ohne bekannten Grabzusammenhang - auf dem Gelände der Friedhöfe von Dobraschütz (225) und Staßfurt (16) gefunden worden sind. Sie kommen als Beigaben schon seit der Jungsteinzeit vor, als Symbol wechselnden Inhalts.Aus Grab 3 von Erfurt Daberstedt (114) werden 2 kleine Schneckenhäuser erwähnt.“

Spinnwirtel

Spinnwirtel
Diese sind selten, aber „einen doppelkonischen Spinnwirtel aus Alabaster (Taf. 6 H 2) enthielt Grab 2 von Freist (46), ein Stück unbekannter Form stammt aus Gatterstädt (74), Grab 6. Vielleicht ist auch
die Tonscheibe aus Erfurt-Daberstedt (114) zu den Wirteln zu rechnen (Taf. 35 B 3).“
Kurz, Spinnwirtel gab es, aber die Besonderheit ist wohl das Material Alabaster. Alabaster kommt nicht aus dem Bergbau, es ist eine „Gesteinsart“, als „Knolle“ in der Erde vorkommend, diese dann zu einem Spinnwirtel umgearbeitet ist ungewöhnlich.

Gefäße

Gefäße„Es kann hier nicht Aufgabe sein, die Entwicklung der Tonware eingehend zu schildern. Das läßt sich, so weit die slawische in Betracht kommt, nur an Hand der vielfach größeren Vorkommen in Siedlungsfunden durchführen. … Wirunterscheiden eine frühdeutsche oder westliche von einer slawischen oder östlichen Tonware. Zur westlichen Gruppe sind zu rechnen die plumpen Gefäße … „

Grabsteine, besser: Bildsteine

„Wie schon bemerkt, sind Grabsteine mit Sicherheit nur in der Form von Grabplatten beobachtet worden, und zwar in Dehlitz-Treben (88) und Sobrigau {239). Die mit einem einfachen Kreuz versehenen Sobrigauer Platten sind aus einem anderen Geist heraus geschaffen worden als etwa der sogenannte Reiterstein von Hornhausen nebst einigen gleichartigen Steintrümmern (Taf. 95), deren Beziehungen zum Gräberfeld nur insoweit geklärt sind, als drei Stücke in dem Doppelgrab 1/2/1913 als Steinsetzung Verwendung gefunden hatten. Es handelt sich um Sandsteinbruchstücke, deren eines eine Kreuzfahne (Taf. 95, 6), zwei weitere je einen Tierkopf in Flachrelief ragen (Taf. 95, 5, 7). Die Steine mit ihrer heidnisch-christlichen Symbolik werden von W. Schulz, dem besten Kenner des ganzen mit ihnen verbundenen Problemkreises, in den Anfang des 8. Jahrhunderts gesetzt. Er vermutet in ihnen wiederverwendete Teile eines wohl freistehenden Grabdenkmals, das mit dem Reihengräberfriedhof offenbar keine Verbindung gehabt hat. Ein dem Hornhauser verwandter Stein mit christlichen Heilszeichen war früher in der Kirche zu Morsleben, Ldkr. Haldensleben, eingemauert. Sein ursprünglicher Standort ist nicht bekannt 224). Auf die hier spürbaren Einflüsse aus dem weiteren germanischen Kulturkreise, die sich auch in den tierstilverzierten Riemenzungen von Hohenhenningen (7) bekunden, wird in anderem Zusammenhang später einzugehen sein.“

Dieser Bildstein bildet daher mit den wenigen Beigaben die einzige Darstellung wie im achten Jahrhundert die Tracht ausgesehen haben könnte.

Datierung

H. Rempel ist aufgrund des geringen Umfangs der Beigaben einer Herausforderung gestellt, die Bestattungen zu datieren, er folgerte dennoch:

8. Jahrhundert
Schlaufenohrringe (hauptsächlich 7. Jh.)
Spathen
Langsaxe (seit 7. Jh).
Lanzenspitzen (123, 139, 152)
Schildbuckel
Klappmesser
Steigbügel
Sporen (28, 260, 139, 13, 72)
Nadeln (139, 72, 1141)
Riemenzungen
Ohrbommeln (Abb. 10g, h)

8./9.·Jahrhundert, bis erste Hälfte 10.
Sporen, Typ "Rohrborn" (134)
Halsringe, glatte
Ohrringe, Gruppe 1/11, mit und ohne Hakenende

10. Jahrhundert
Schwerter (209)
10./11. Jahrhundert
Äxte
Feuerstähle
Nadel n(185)
Ohrringe, Gruppe III
Schmucktypen des Hacksilberkreises
Fingerringe, Typ II
Perlen aus Bergkristall und Karneol

11. Jahrhundert
Sporne (5)

11./12. Jahrhundert
Hohle S'ringe, verziert
Grabgefäße, spätslawisch
Münzen in Gräbern, sicher bestimmt

Die Gräber enthalten in bestimmten Beigaben einen Kulturniederschlag, den man entweder als westlichen, d. h. deutschen, fränkischen, thüringischen usw., oder als östlichen, d. h. slawischen, bezeichnen kann. Westlichen Gepräges sind Waffen und Reiterzubehör, Nadeln des 8. Jahrhunderts, Riemenzungen. Das Mitbestatten von Pferden war schon bei den merowingerzeitlichen Thüringern üblich.

Zur Chronologie sei angemerkt, dass der Katalog nur 258 Friedhöfe (252 mit Körper-, 6 mit Brandgräbern), umfaßt deren Inhalt zum großen Teil aus älteren Fundbergungen stammt. Brauchbare Befunde liegen nur .in
geringem Maße vor. “Wenige Leittypen sind für die ethnische Deutung verwertbar. Chronologische Bestimmungen werden durch die
außerordentliche Langlebigkeit und Variantenarmut des Fundmaterials derart erschwert, daß Feindatierungen kaum möglich sind. Da mit einem Plus/Minus von mindestens 100 Jahren gerechnet werden muß, läßt sich eine Synchronisierung mit historisch fixierten Tatbeständen nicht in dem erwünschten Maße durchführen.“

Literatur

Rempel, H.:. Reihengräberfriedhöfe des 8. bis 11. Jahrhunderts aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte. Akad.-Verl., Berlin; 1966

Letzte Änderung am Mittwoch, 28. August 2024 um 11:11:07 Uhr.


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