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Trageweisen der Angelsachsen
Gotland
Trageweisen im 4. bis 5. Jhr. n. Chr.
Allgemein:
Die Varianten aus England habe ich mal mit Glasperleninventaren aus skandinavischen Bestattung erstellt. Die Angelsächsinnen trugen natürlich keine Schalenfibeln, daher sind dies freie Interpretationen.
Birka zählt zu den bekanntesten Siedlungen und Begräbnisstätten der Wikingerzeit.
Von den über 1.000 Bestattungen enthielten ca. 300 Glasperlen. Die ungestörten Körpergräber hiervon geben Aufschluß über die Verwendung und Trageweisen der Glasperlen.
Die Grabpläne besagter Körpergräber geben verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zur Verwendung von Glasperlen.
Die folgenden BEISPIELE sind nur ein kurzer Überblick, eine umfassende Übersicht gibt es in "Wie trägst DU denn deine Perlen?“ (:. Barthelmie, 2013/2017) Das Buch ist auf Anfrage bei mir erhältlich.
Die Trageweisen sind
- als Halsketten (weiter)
- als Fibelkette (weiter)
- als sonstiger Zierrat (weiter)
Glasperlen als Halsketten zählen zu den unbestrittenen Trageweisen von Glasperlen auf Birka. Anhand der Beigaben in den Gräbern ist diese Trageweise einfach zu bestimmen da die Perlen sich in der Halsregion finden.
Die Halsketten auf Birka wurden ein- oder mehrreihig getragen, sie konnten durch Anhänger erweitert werden, sie waren kurz, lang und wurden in 28 von 132 Körpergräbern mit Glasperlen angetroffen.
51 Perlen sind direkt unterhalb des Schädels eingezeichnet, somit handelt es sich um eine Halskette.
Abbildung: Grab 570 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Das Skelett ist bis auf die Zähne (der nach oben offene Halbkreis) vollständig vergangen.
49 Glasperlen sind unter den Zähnen kreisförmig eingezeichnet (A). Der Grabplan zeigt somit das die Glasperlen auf Höhe des Halses als Kette angetroffen wurden.
Es liegen desweiteren 56 kleine grüne Glasperlen als "Haufen" in Höhe des Knies (B). Diese können eine Beigabe sein, eine Taschenverzierung oder ein Tascheinhalt. Da die genau Fundanordnung dieses Teilfundes nicht dokumentiert wurde ist kein Urteil über die letztendliche Verwendung möglich.
Abbildung: Birka Grab 642 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
29 Glasperlen liegen kreisförmig im Bereich des Halses bis in die Mitte der Schalenfibeln eingezeichnet. Die obere Kante des Kreises reicht an die Kinnspitze. Dies stellt eine Halskette dar, und so werden die Perlen auch in Birka I bezeichnet.
Glasperlen, die als Halsketten getragen wurden finden sich in den Gräbern:
463, 543, 550, 570, 573, 597, 606, 642, 649, 756, 770, 77, 797, 825, 838, 843A, 843B, 887, 893, 946, 948, 961, 965, 966, 968, 973, 983 und 1146.
Abbildung: Birka Grab 843A - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Als Fibelketten werden Ketten bezeichnet die zwischen paarig getragenen Gewandfibeln getraten werden.
Die hier vorgestellten Ketten sind aus Glasperlen zusammen gestellt, aber auch die Verwendung von Metallketten ist bekannt.
Bildliche Überlieferungen aus der Zeit der Wikinger lassen allgemein keine Glasperlen erkennen.
Die Verwendung ist jedoch durch die Beigabensitte in 16 Gräbern deutlich zu erkennen (Grab Nr. 464, 513, 515, 552, 637, 639, 660, 703, 739, 835, 860b, 954, 959, 1012, 1062 und 1081).
Das Fibelketten nicht so häufig sind kann auch daran liegen, das es weniger Gräber mit Ovalspangen, denn wie mit Glasperlen gibt.
Dies sieht dann wie folgt aus:
Das Skelett ist fast vollständig vergangen, die Beigaben sind jedoch einwandfrei zu erkennen:
Ein paar Schalenspangen liegt leicht versetzt auf dem Brustkorb, dazwischen liegt in Richtung Kopf verschoben eine große gleicharmige Spange. 33 Glasperlen sind oberhalb dieser Spange eingezeichnet, die Reihe von Perlen endet mittig an beiden Schalenspangen. Die Perlenkette wurde, wahrscheinlich während der Bestattung selber, durch das Gewicht der gleicharmigen Spange verschoben. Anders können sich die Perlen nicht in diese Lage gestreut haben.
Abbildung: Birka Grab 552, Fibelkette - Fibelkette mit Glasperlen Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Greta Arwidsson schrieb 1989 "Man hat häufig angenommen, das die Perlenketten eine Verbindung zwischen den beiden ovalen Spangen waren. Einen sicheren Beleg für diesen Gebrauch kann ich nicht finden " (Birka II:3, Systematische Analyse der Gräberfunde, Ed. Greta Arwidsson, Uddevalla, Schweden, S. 59). Dieser Satz kann eigentlich nur als fehlerhafte Bezeichnung aus dem Schwedischen ins Deutsche von einer dritten Person bezeichnet werden. Wieso sollte Frau Arwidsson eine Tragevariante vor stellen, wenn sie im gleichen Zuge dieses Modell negiert? Wahrscheinlicher ist, das sie das Material zur Befestigung vermisst. Ausführlich habe ich mich hierzu in meinem Buch "Wie trägst Du denn deine Perlen?" geäussert, für die HP sollen die folgenden Beispiele das Modell der Fibelkette verdeutlichen.
Mehr als 20 Glasperlen sind in ein bis zwei Reihen unterhalb der Ovalfibeln an deren unteren Spitzen endend eingezeichnet. Beide Spangen haben dazu je ein Loch an der Innenseite durch das die Perlenkette befestigt werden konnte.
In diesem Grab ware es dazu nicht nur eine Reihe von Glasperlen die die Verbdingungskette bildeten, sondern mindestens zwei. Leider liegt kein Grabungsfoto vor um nähere Aussagen über die Gestaltung der Perlenketten zu geben.
Abbildung: Birka Grab 1062 - Trageweise Fiibelkette Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Das Grab ist nur leicht gestört, der Kopf liegt auf dem rechten Unterarm, der ein Stück vom Oberarm entfernt liegt. Die Schalenfibeln liegen beidseits des Brustkorbs auf Höhe der Oberarmmitte. Ein "Perlenhalsband" (gem. Birka I) aus 17 Perlen ist im Plan von der Mitte der rechten Schalenfibel zum unteren Ende der linken Schalenfibel eingezeichnet. Keine Halskette kann bei einer Störung des Grabes in diese Lage verschleppt werden. Anstelle einer Halskette handelt es sich unzweifelhaft um eine Fibelkette. Dazu hat die Perlenreihe am Ende einen Bronzeöse mit aufgerollten Enden, mit der sie an einer der Fibelnadeln befestigt werden kann. Diese Zuordnung trifft auch G. Arwiddson, in dem sie dieses Perlenensemble ihrem Modell C - den Fibelketten - zuordnet (Birka II:3 S. 50) - Ja, auch wenn G. Arwidsson sagt, das sie keine Nachweise finden kann, entscheidet sie sich dennoch für diese Trageweise!
Abbildung: Birka Grab 959 - Quelle: Birka I; Die Gräber, Tafeln, ed. Holger Arbman, Kungl.Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien Stockholm, 288 Seiten
Glasperlen können auch als "Zierrat" verwendet werden.
Man kann sie auf Bänder ziehen, als Verschlüsse benutzen, als Kopfschmuck verwenden, für Taschen- oder Saumbesätze...
Dies Kategorie ist am schwersten zu interpretieren, daher zeige ich in dieser Kategorie einige beispielhafte Funde auf, in denen eine Verwendung als Hals- oder Fibelkette ausgeschlossen ist und demnach es sich bei der Lage der Perlen nur um "Zierrat" handeln kann. Die letztendliche Funktion / Verwendung ist damit nicht immer nachgewiesen, aber sehr wahrscheinlich.
Abbildung: Glasperlen als Haarschmuck - Freie Interpretation
29 Perlen liegen in einer Reihe links unterhalb der Zähne beginnend bis mittig zwischen zwei Ovalspangen endend.
Keine gerissene Halskette würde sich in so einer exakten Linie verteilen, ebenso keine Fibelkette.
Diese Linie aus Schmuck gleicht eher einem Saum als einer Kette.
Abbildung: Birka Grab 606 - Saum, Riemembesatz oder verlagerte Halskette Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Die Schalenspangen liegen wie erwartet beiderseits mittig auf der Brust. 55 Glasperlen liegen in 2 parallelen Reihen mittig zwischen den Schalenspangen. Die Stränge führen unter einer am unteren Rand der linken Schalenspange liegenden gleicharmigen Spange hinweg. Die Glasperlen bilden zweifellos Stränge, aber es ist nicht zu klären, woran diese befestigt gewesen sind. Wenn die gleicharmige Fibel ein Gewand verschlossen hat, wovon auszugehen ist, dann können die parallelen Linien auch einen beidseitig, doppelt bestickten Saum darstellen.
Abbildung: Birka Grab 551 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Das Sklett ist vollkommen vergangen. 53 Perlen liegen in 3 Ringen um einen Messergriff auf Hüfthöhe. Die Anordnung scheint zu genau, als das es eine auf dem Körper abgelegte Perlenkette sein könnte. Eher scheint es eine Art von Bestickung, vielleicht einer Tasche, gewesen zu sein.
Abbildung: Birka Grab 970 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Das Skelett ist vollständig vergangen; 66 Glasperlen liegen in 2 Reihen mittig rechts und links der runden Spange; links verlaufen die Reihen ein Stück auf die gleicharmige Spange zu, rechts enden sie auf der ovalen Spange. Gemäß G. Arwidsson war dies eine zweireihige Fibelkette. Anhand des Grabplanes ist diese Verwendung jedoch nicht zu begründen. Eher waren es 4 Stränge die an der runden Spange befestigt gewesen sind, und von denen je 2 links und rechts ausgelegt wurden. Vorstellbar wäre aber auch hier die Bestickung eines Gewandsaumes.
Abbildung: Birka Grab 1131 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Am Kopfende des Grabes ist im Grabplan eine Reihe von 19 Perlen sowie östlich davon, rings um die Schalenspangen weiträumig verstreut, 194 Perlen, eingezeichnet. Am Fußende finden sich 65 weitere Perlen.
Auch wenn die Grabpläne nicht dreidimensional erstellt wurden, die 194 Perlen bildeten wahrscheinlich eine Stickarbeit, z.B. auf einem Umhang. Keine zerrissene Perlenkette würde so weiträumig streuen, ins Grab "geworfene" Perlen würden nicht so kreisförmig streuen.
Die 19 Perlen könnten z.B. ein Stirnband, Mützenbesatz oder Haarschmuck gewesen sein. Die Perlen dürften so wie sie im Grabplan eingezeichnet sind keine Kette jedweder Art gebildet haben.
Die letzte Gruppe von 65 Perlen ist als Beigabe zu interpretieren, ein Tasche mit einer Stickarbeit bei den Füßen ist eher unwahrscheinlich.
Abbildung: Birka Grab 526 - Trageweise unbekannt Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
Die Thematik der Stickperlen habe ich extra behandelt (weiter)
Eine Perle findet sich direkt über dem Messer, vielleicht diente sie zu dessen Befestigung oder als Zierrat.
Die genau Verwendung bleibt unbestimmt, nur der direkte Zusammenhang mit dem Messer ist gesichert.
Abbildung: Birka Grab 706 - Quelle: http://mis.historiska.se/mis/sok/sok.asp
geschrieben vor 2021.
Mehr als 1.000 Glasperlen wurden in Hagbartholmen, Steigen i Nordland(Norwegen) in einem ungestörten Kammergrab der jüngeren Wikingerzeit in einem Areal von 2,1 x 1,6 m gefunden. (Stylegar, 2005)
Die Grabkammer war ungestört, m.E. wird kaum jemand die Perlen achtlos in den Raum geworfen haben, eine Interpretation war mir daher nicht möglich, spannend ist die Anzahl der Perlen.
So habe ich 2017 die mir zur Verfügung stehenden Informationen kurz zusammen gefasst.
Bei bei einer anderweitigen Recherche bin ich über über Abbildungen der zuvor genannten Perlen „gestolpert“, bitte hier entlang (Stand: 16.12.2023), hierzu:
1081 ganske små glasperler, kugle- eller henimod skiveformede, ca. 2-3 mm i dia., nemlig: 471 grønne, 218 brune, 96 violette, 90 sorte, 85 gule, 71 blå og 7 hvide (de sidste kan dog være blevet hvide ved sekundær forbrænding).
Google hilft:
1081 ziemlich kleine Glasperlen, kugel- oder scheibenförmig, ca. Durchmesser 2-3 mm, nämlich 471 grün, 218 braun, 96 violett, 90 schwarz, 85 gelb, 71 blau und 7 weiß.
Abbildung: Die Perlen aus Hagbartholmen - Quelle: Ottar 2015
Ich habe dann mit F. A. Stylegar Kontakt aufgenommen, der mir den entsprechenden Auszug aus aus T. Sjövold’s Publikation "The Iron Age Settlement of Arctic Norway" (1974) zu den Gräbern von Hagbartholmen zur Verfügung gestellt hat (S. 64 - 67).
Zitiert: „Grave I/1951: …. An exceptional number of beads lay around the neck“.
Die Perlen lagen also gemäß Fundbericht um den Hals. Da es sich um sehr kleine Perlen handelt, ist dies m.E. vorstellbar. Moderne Rocailleperlen (Glas) mit 2-3mm Durchmesser haben ein Gewicht von 0,009 bis 0,256g. Setzte ich einen frühmittelalterlichen Standard an, das eine Perle 0,3g wiegt, so wären das ja gradebei 1.000 Perlen 300g. Ich persönliche kenne Darstellerinnen, mit mehr Perlen (Gewicht) um den Hals.
Fazit:
Ohne die Primärquelle kam ich zu einem falschen Ergebnis, die Möglichkeit eines flächigen Besatzes war nicht ausgeschlossen. Das geringe Gewicht der Perlen und die Fundlage sprechen für die Trageweise als Halskette.
Sjövold, Thorleif: The Iron Age Settlement of Arctiv Norway III; 1974
Styler Frans-Arne: Kammergraver fra vikingtiden i Vestfold; Fornvännen 2005 (100), S. 162 - 177 (online hier; Stand: 16.12.2023)
Diverse: Ottar nr.2/2015; Populærvitenskapelig tidsskrift fra Tromsø Museum – Universitetsmuseet · 2 · 2015 (hier gesichert [7.114 KB]
)
Letzte Änderung am Mittwoch, 28. August 2024 um 11:30:52 Uhr.
Hinweisd: am 16.12.2023 habe ich nur den Abschnitt über Hagbartholmen aktualisiert, die weiteren Texte sind "alt".